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Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Urteil verkündet am 15.05.2008
Aktenzeichen: 3 U 18/08
Rechtsgebiete: InsO, BGB
Vorschriften:
InsO § 50 | |
InsO § 51 | |
InsO § 60 | |
InsO § 166 Abs. 2 | |
InsO § 166 Abs. 2 Satz 1 | |
InsO § 170 | |
BGB § 346 |
Oberlandesgericht Rostock IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 15.05.2008
In dem Rechtsstreit
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 03.04.2008
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten das Urteil des Landgerichtes Neubrandenburg vom 11.07.2006 abgeändert und die Beklagte verurteilt, ihre Zustimmung zur Löschung der zu ihren Gunsten unter der laufenden Nummer ... der Dritten Abteilung des Grundbuchs von ...des Amtsgerichts ... und unter der laufenden Nummer ... der Dritten Abteilung des Grundbuchs von ... des Amtsgerichts ... eingetragenen Gesamtgrundschuld in Höhe von 826.292,23 € (= 1.616.087,14 DM) zu erteilen und den Grundschuldbrief an die Klägerin herauszugeben.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 1 Mio. € abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zustimmung zur Löschung einer zu ihren Gunsten eingetragenen Grundschuld. Die Beklagte macht widerklagend Schadensersatz aus der Verletzung eines von ihr behaupteten Treuhandvertrages geltend.
Die Klägerin verkaufte mit notariellem Vertrag vom 30.12.1997 auf der Grundlage des Ausgleichsleistungsgesetzes Waldflächen an Herrn ... zu einem Kaufpreis von 1.616.087,14 DM (826.292,23 €). Zugunsten der Klägerin wurde in die Grundbücher ein Veräußerungsverbot und eine Rückauflassungsvormerkung eingetragen.
Die Beklagte gewährte Herrn ... ein Darlehen über 1,7 Mio DM und dieser seinerseits Herrn ... mit Vertrag vom 09.01.1998 ein Darlehen in Höhe des Grundstückskaufpreises. Herr ... trat seine sämtlichen Ansprüche aus dem o.g. Kaufvertrag an die Beklagte mit Urkunde vom 14.01.1998 ab. In dieser wurden die zedierten Ansprüche wie folgt beschrieben:
"Sämtliche Ansprüche, die dem Sicherungsgeber bei jeglicher Art der Aufhebung, Rückabwicklung etc. bezüglich des Kaufvertrages URNr. 163/1997, Notar ... vom 30.12.1997 gegen die ... GmbH zustehen, insbesondere abgetreten werden die Ansprüche auf Kaufpreisrückzahlung."
Unter "2. Sicherungszweck" ist in der Abtretungsurkunde bestimmt:
"Die Abtretung der Forderungen und die Übertragung der sonstigen in diesem Vertrag aufgeführten Rechte erfolgt zur Sicherung der Ansprüche der Bank aus dem nachstehend bezeichneten Kreditvertrag
Darlehen Nr. 03 32633 015 über DM 1.700.000,-- gegen Herrn ..., ..."
Die Beklagte überwies am 20.01.1998 den Kaufpreis unmittelbar auf das Konto der Klägerin mit dem Zusatz: "Zu treuen Händen gem. Schreiben vom 20.01.1998." Im Weiteren übersandte sie der Klägerin ein Schreiben vom 20.01.1998, in dem es heißt:
"Gem. v. g. Kaufvertrag haben wir heute den Kaufpreis i. H. v. DM 1.616.087,14 zu treuen Händen auf Ihr Konto Nr. 7277700 bei der Deutschen Bank AG Berlin überwiesen.
Über den v. g. Betrag dürfen Sie verfügen, wenn o. g. Kaufvertrag wirksam wird, insbesondere die Genehmigung des Kaufvertrages erfolgt und sichergestellt ist, dass die am 20.01.1998 zu unseren Gunsten beurkundete Grundschuld in Höhe des Kaufpreises gem. der erteilten Belastungsvollmacht im Kaufvertrag in die Grundbücher eingetragen wird.
Weitere Auflage ist, dass bei Nichtzustandekommen des Kaufvertrages bzw. jeglicher Art der Aufhebung, der Rückabwicklung etc. bezüglich des Kaufvertrages die Kaufpreisrückzahlung ausschließlich an uns zu erfolgen hat. Dies bitten wir entsprechend vorzumerken. Herr ... hat uns seine dahingehenden Ansprüche entsprechend abgetreten."
Mit Schreiben vom 18.11.2002 erklärte die Klägerin gegenüber Herrn ... den Rücktritt vom Kaufvertrag. Herr ... war zwischenzeitlich in Vermögensverfall geraten und hatte versucht, die Grundstücke zu verwerten. Hierzu hatte er einen Kaufvertrag über diese geschlossen, dem die Klägerin nicht zustimmte, und bestellte ohne Zustimmung der Klägerin für Dritte eine Grundschuld i.H.v. 250.000,00 €.
Am 27.11.2003 wurde über das Vermögen des Herrn ... das Insolvenzverfahren eröffnet. Herr ... verstarb am 08.12.2003. Zum Insolvenz- und sodann Nachlassinsolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt ... bestellt. Durch notarielle Vereinbarung vom 26.08.2004 verpflichtete sich dieser zur Rückübertragung der Grundstücke an die Klägerin und diese zur Rückzahlung des Kaufpreises unter Abzug von 96.378,48 € wegen Übermaßnutzungen und 41.314,61 € wegen einer nach Ansicht der Klägerin verwirkten Vertragsstrafe. Die verbleibenden und vereinbarten 688.599,12 € zahlte sie am 02.12.2004 an den Insolvenzverwalter. Die Klägerin wurde am 12.01.2005 im Grundbuch von ... und am 14.03.2005 im Grundbuch von ... als Eigentümerin eingetragen.
Das Landgericht Neubrandenburg hat die Beklagte mit Urteil vom 11.07.2006 verurteilt, ihre Zustimmung zur Löschung der zu ihren Gunsten unter der laufenden Nr. 1 der dritten Abteilung des Grundbuchs von ... des Amtsgerichts ... und unter der laufenden Nr. 1 der dritten Abteilung des Grundbuchs ... des Amtsgerichts ... eingetragenen Grundschuld i.H.v. 826.292,23 € Zug um Zug gegen Zahlung von 688.599,12 € (826.292,23 € abzüglich 96.378,48 € und 41.314,61 €) zu erteilen und den Grundschuldbrief an die Klägerin herauszugeben. Die Klage im Übrigen und die Widerklage hat es abgewiesen. Wegen der weitergehenden erstinstanzlichen Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Urteils nimmt der Senat auf dieses Bezug.
Mit ihrer Berufung greift die Klägerin das Urteil des Landgerichtes insoweit an, als sie zur Zug-um-Zug-Leistung verurteilt worden ist. Dies sei zu Unrecht erfolgt, denn die Klägerin sei zur Zahlung an die Beklagte nicht verpflichtet und dieser stehe ein Zurückbehaltungsrecht nicht zu.
Die von der Beklagten behauptete Treuhandabrede, die auch das Landgericht seiner Entscheidung zugrundegelegt hat, sei nicht dadurch zustande gekommen, dass die Klägerin die Zahlung der Beklagten in Verbindung mit dem Schreiben vom 20.01.1998 angenommen habe. Vom Empfängerhorizont der Klägerin aus habe das Schreiben vom 20.01.1998 wegen des ausdrücklichen Hinweises darauf, dass Herr ... der Beklagten sämtliche Rückabwicklungsansprüche abgetreten habe, nur als ausdrücklicher Hinweis auf die Sicherungsabtretung verstanden werden können.
Des Weiteren sei vorliegend von einem gesetzlichen Einzugsrecht des Nachlassinsolvenzverwalters aus § 166 Abs. 2 InsO auszugehen, so dass die Klägerin zu Recht an diesen geleistet habe und sich die Beklagte an diesen halten müsse. Ein etwaiger Anspruch der Beklagten gegen die Klägerin sei durch die Einziehung des Verwalters erloschen.
Die Beklagte beantragt mit ihrer Berufung vom 29.12.2006, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt hat,
1.
die Beklagte zu verurteilen, ihre Zustimmung zur Löschung der zu ihren Gunsten unter der lfd. Nr. 1 der Dritten Abteilung des Grundbuchs von ..., des AG ... und unter der lfd. Nr. 1 der Dritten Abteilung des Grundbuchs von ... des AG ..., eingetragenen Gesamtgrundschuld in Höhe von 826.292,23 EUR (= 1.616.087,14 DM) Zug um Zug gegen Zahlung von 826.292,24 EUR nebst Zinsen in Höhe von 6 Prozentpunkten p.a. vom 20. Januar 1998 bis 29. Juni 1998 und in Höhe von 5,85 Prozentpunkten p.a. seit dem 30. Juni 1998 zu verurteilen,
2.
die Klägerin und Anschlussberufungsbeklagte auf die Widerklage zu verurteilen, an die Beklagte 826.292,24 EUR nebst Zinsen in Höhe von 6 Prozentpunkten p.a. vom 20. Januar 1998 - 29. Juni 1998 und in Höhe von 5,85 Prozentpunkten p.a. seit dem 30. Juni 1998 zu zahlen, und zwar in Höhe eines Betrages von 626.625,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 6 Prozentpunkten p.a. vom 20. Januar 1998 bis zum 29. Juni 1998 und in Höhe von 5,85 Prozentpunkten p.a. seit dem 30. Juni 1998 gesamtschuldnerisch neben dem Rechtsanwalt ..., als Nachlassinsolvenzverwalter über das Vermögen des verstorbenen ....
Sie sei sowohl aus der Abtretungsvereinbarung als auch aus der Treuhandvereinbarung zur Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts befugt, so dass nur eine Zug-um-Zug-Verurteilung in Betracht komme, denn ihre Forderung sei noch nicht befriedigt worden. Dabei könne die Beklagte nicht nur den ausgeurteilten Betrag, sondern den gesamten herausverlangten Betrag von 826.292,23 € beanspruchen. Insoweit sei die Widerklage auch begründet, denn die Forderung sei fällig. Soweit die Klägerin Anspruch auf Zustimmung zur Löschung habe, befinde sie sich in Annahmeverzug. Zur Höhe ihres Zahlungsanspruches wiederholt die Beklagte ihren erstinstanzlichen Vortrag.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Leistung eines Dritten - hier ihre Leistung - unter einem Vorbehalt dann zur Erfüllung der Schuld führe, wenn der Gläubiger sie annimmt. Das sei hier der Fall, denn die Klägerin habe die Zahlung unter Mitteilung der Auflagen aus dem Schreiben vom 20.01.1998 angenommen, so dass die Kaufpreisverpflichtung des Herrn ... hierdurch erfüllt worden sei. Hieraus ergebe sich letztlich auch die Treuhandvereinbarung. Aus dieser hafte die Klägerin der Beklagten auf Schadensersatz wegen der Verletzung ihrer Vertragspflichten. Inhaber dieses Anspruches sei die Beklagte selbst, weshalb es auf mögliche Rechte des Insolvenzverwalters aus § 166 Abs. 2 InsO für dieses Verfahren nicht ankomme.
Die Klägerin habe das Schreiben vom 20.01.1998 nicht nur als ausdrücklichen Hinweis auf die Sicherungsabtretung sehen können, da diese in dem Schreiben der Auflage erst nachfolge. Außerdem sei der Sinn dieser Vereinbarung im Sicherungsbedürfnis der Beklagten begründet. Es sei klar zum Ausdruck gekommen, dass die Beklagte im Fall der Rückabwicklung einen eigenen Anspruch auf den Kaufpreis haben wollte, der nicht durch Dritte, auch nicht den Insolvenzverwalter, tangiert werden könne.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat Erfolg, nicht hingegen die Berufung der Beklagten.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zustimmung zur Löschung der eingetragenen Grundschuld. Soweit das landgerichtliche Urteil einen solchen Anspruch festgestellt hat, hat die Beklagte dies mit ihrer Berufung nicht angegriffen. Bedenken hiergegen bestehen nicht.
Die Beklagte kann diesem Anspruch keinen Zahlungsanspruch aus eigenem oder abgetretenem Recht im Wege eines Zurückbehaltungsrechts (§ 273 BGB) oder einer Widerklage erfolgreich entgegenhalten.
1.
Der Beklagten steht ein vom Einzugsrecht des Nachlassinsolvenzverwalters unberührter unmittelbarer Zahlungsanspruch gegen die Klägerin nicht zu. Insbesondere ist ein von Anfang an in der Person der Beklagten begründeter Rückzahlungsanspruch bei Rückabwicklung des Grundstückskaufvertrages nicht gegeben. Der Rückgewähranspruch des § 346 BGB entsteht auch im Falle einer Sicherungsabtretung in der Person der Vertragspartei, der Zessionar ist allenfalls Inhaber der Forderung. Kaufvertragspartei der Klägerin ist die Beklagte zu keinem Zeitpunkt geworden.
2.
Allerdings ist die Beklagte infolge der Sicherungszession Inhaberin des Anspruchs des Verkäufers gegen die Klägerin auf Rückzahlung des Kaufpreises geworden. Insoweit unterstellt der Senat die Wirksamkeit der Sicherungszession. Auch sieht er die Voraussetzungen eines wirksamen Rücktritts vom Kaufvertrag durch die Klägerin für gegeben an.
3.
Der sicherungszedierte Anspruch ist aber durch Zahlung an den Insolvenzverwalter erloschen (§ 362 BGB) bzw. durch eine Verrechnungsabrede untergegangen.
a.
Gem. § 166 Abs. 2 InsO, der auch für den Nachlassinsolvenzverwalter anzuwenden ist (Wegener in Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung [FK], 4. Aufl., § 166 Rn. 1b m.w.N.), darf der Insolvenzverwalter eine Forderung, die der Schuldner zur Sicherung eines Anspruchs abgetreten hat, einziehen oder in anderer Weise verwerten. Voraussetzung für die Entstehung des Verwertungsrechtes des Insolvenzverwalters ist zum einen, dass das Insolvenzverfahren eröffnet ist, zum anderen, dass die zur Sicherung abgetretene Forderung bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch besteht.
Das Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters nach § 166 Abs. 2 Satz 1 InsO schließt das Verwertungsrecht des Sicherungszessionars aus. Es führt damit zu einem automatischen Verwertungsstopp für den Sicherungszessionar. Das aus § 166 Abs. 2 Satz 1 InsO abgeleitete alleinige Einziehungsrecht des Insolvenzverwalters entspricht dem Sinn und Zweck der Regelung und ist in Rechtsprechung und Literatur allgemein anerkannt (BGH, Urt. v. 17.11.2005, IX ZR 174/04, ZIP 2006, 91; KG, Urt. v. 13.08.2001, 12 U 5843/00, ZIP 2001, 2012; OLG Dresden, Urt. v. 10.08.2006, 13 U 926/06, ZInsO 2006, 1168; OLG Celle, Urt. v. 27.03.2008, 13 U 160/07, ZIP 2004, 749; OLG Frankfurt, Urt. v. 25.05.2005, 1 U 124/04, InVo 2005, 404; Häcker, NZI 2002, 409; FK/Wegener, § 166 Rn. 6; Landfermann in Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung [HK], 4. Aufl., § 166 Rn. 5; Dithmar in Braun, Insolvenzordnung,, 3. Aufl., § 166 Rn. 12). Das gilt jedenfalls dann, wenn der Sicherungszessionar von seinem Einziehungsrecht vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch keinen Gebrauch gemacht hat (OLG Frankfurt, a.a.O.). Der Ausschluss des Verwertungsrechts des Sicherungszessionars führt damit zum Verlust der Einziehungsbefugnis des Sicherungszessionars mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens (OLG Celle, a.a.O., m.w.N.; OLG Frankfurt, a.a.O.).
Macht der Insolvenzverwalter von der Einziehungsbefugnis Gebrauch, ist der Sicherungszessionar darauf verwiesen, gegenüber diesem ein Absonderungsrecht bzw. Ersatzabsonderungsrecht aus §§ 50, 51 InsO geltend zu machen. Damit wird der Sicherungszessionar nicht rechtlos gestellt.
Vorliegend hat der Nachlassinsolvenzverwalter, Rechtsanwalt ..., von seiner Verwertungsbefugnis Gebrauch gemacht und die Auskehransprüche im Wege der Vertragsrückabwicklung auf der Grundlage der Vereinbarung mit der Klägerin vom 26.08.2004 gegen Rückauflassung der Grundstücke zur Masse gezogen. Die Beklagte ihrerseits hat ihr Absonderungsrecht unter Abzug ihres Kostenanteils nach § 170 InsO gegenüber dem Nachlassinsolvenzverwalter geltend gemacht und dessen Durchsetzung in einem gesonderten Gerichtsverfahren erstrebt.
b.
Die alleinige Verwertungsbefugnis des Nachlassinsolvenzverwalters haben die Parteien auch nicht durch eine Treuhandabrede ausgeschlossen. Dabei kann es der Senat dahinstehen lassen, ob die Parteien mit der Zahlung des Kaufpreises durch die Beklagte mit Zusatz "zu treuen Händen" in Verbindung mit dem Inhalt des Schreibens vom 20.01.1998 und die Entgegennahme der Zahlung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 05.10.2006, III ZR 166/05, NJW 2006, 3777) stillschweigend eine Abrede dahin getroffen haben, dass die Rückzahlung des Kaufpreises ausschließlich an die Beklagte erfolgen solle.
Eine Treuhandabrede diesen Inhaltes vermag das Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters nach Auffassung des Senates nicht auszuschließen. Die Insolvenzordnung hat das Recht zur Verwertung beweglicher Sachen im Besitz des Insolvenzverwalters und zur Sicherung abgetretener Forderungen beim Insolvenzverwalter konzentriert. Hierdurch soll die Herauslösung des Sicherungsgutes aus dem technisch organisatorischen Verbund des Schuldnervermögens durch einzelne Gläubiger verhindert werden. Etwaige Chancen für eine zeitweilige oder dauernde Fortführung des Unternehmens des Schuldners sollen so erhalten bleiben. Das Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters soll einen umfassenden Forderungseinzug gewährleisten, da der Insolvenzverwalter über die Unterlagen des Schuldners verfügt, die ihm die Einziehung der Forderungen ermöglichen. Das alleinige Einziehungsrecht des Verwalters schafft die notwendige Klarheit (BGH, Urt. v. 17.11.2005, IX ZR 174/04, ZIP 2006, 91; KG, Urt. v. 13.08.2001, 12 U 5843/00, ZIP 2001, 2012; OLG Dresden, Urt. v. 10.08.2006, 13 U 926/06, ZInsO 2006, 1168; OLG Celle, Urt. v. 27.03.2008, 13 U 160/07, ZIP 2008, 749; Dithmar in Braun, § 166 Rn. 1; Hess Insolvenzrecht, 2007, § 166 Rn. 3). Durch die so gewährleistete Erhaltung der betrieblichen Einheit wird die in den Vordergrund der Insolvenzordnung gerückte einheitliche Verwertung des Schuldnervermögens gefördert (Dithmar in Braun, a.a.O.), eine Maximierung der Masse ermöglicht (OLG Celle, a.a.O.) und nicht zuletzt dem Insolvenzverwalter die Möglichkeit eröffnet, zugunsten der Masse für diese günstige Vereinbarungen u. a. mit Sicherungsgläubigern zu schließen (OLG Frankfurt, a.a.O.). Die Übertragung der Verwertungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter nimmt den absonderungsberechtigten Gläubigern die Möglichkeit, nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Sicherheiten herauszuverlangen und dadurch den Verbund des schuldnerischen Unternehmens zu zerschlagen (Lwowski/Tetzlaff in MünchKomm., § 166 Rn. 2). Einzelnen Gläubigern wird so der Zugriff auf die wirtschaftliche Einheit verwehrt (Wegener a.a.O., § 166 Rn. 2). Schließlich erleichtert die Übertragung der Verwertungsrechte auf den Insolvenzverwalter die Geltendmachung von Anfechtungsrechten für diesen, denn er muss nicht erst Rückgewähransprüche geltend machen (Lwowski/Tetzlaff a.a.O., § 166 Rn. 3). Der Insolvenzverwalter erhält so im eröffneten Insolvenzverfahren kraft Gesetzes eine originäre, d.h. eine nicht vom Gläubiger oder vom Schuldner abgeleitete Rechtsposition, deren wesentlicher Inhalt das Recht zur Verfügung über den Sicherungsgegenstand insbesondere durch Veräußerung, bei Forderungen das Recht zur Einziehung, bildet (Lwowski/Tetzlaff a.a.O., § 166 Rn. 1; Wegener a.a.O., § 166 Rn. 1; Landfermann a.a.O. § 166 Rn. 4).
§ 166 InsO stellt damit ein Kernstück der insolvenzrechtlichen Regelungen dar (allgemein Wegener a.a.O., § 166 Rn. 1a; für § 166 Abs. 1 InsO Dithmar, a.a.O.; Lwowski/Tetzlaff a.a.O., § 166 Rn. 1; Landfermann a.a.O., § 166 Rn. 4) und steht nicht zur Disposition der Parteien. Die Vorschrift ist somit zwingendes Recht und kann durch Vereinbarungen zwischen Gläubiger und Schuldner nicht abbedungen werden (Hess a.a.O., § 166 Rn. 16). Somit konnten die Parteien des Rechtsstreits die Wirkung des § 166 Abs. 2 InsO auch nicht durch eine Treuhandabrede ausschließen.
c.
Die Beklagte kann von der Klägerin auch nicht die Erstattung des Teils des Rückzahlungsbetrages aus dem Kaufvertrag verlangen, den diese in der Vereinbarung mit dem Nachlassinsolvenzverwalter für Übermaßnutzungen und Vertragsstrafe in Abzug gebracht hat. Mit dem Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters nämlich korrespondiert dessen Empfangsbefugnis für Leistungen des Drittschuldners (OLG Celle, a.a.O.; Hess a.a.O., § 166 Rn. 4; Lwowski/Tetzlaff a.a.O., § 166 Rn. 47). Dabei kann es der Senat offen lassen, ob auch dem Sicherungsgläubiger eine Empfangsbefugnis verbleibt, denn die Klägerin hat an diesen gerade nicht geleistet. Steht dem Insolvenzverwalter die Empfangsbefugnis zu, hat die Leistung des Drittschuldners für diesen eine schuldbefreiende Wirkung (Hess a.a.O., § 166 Rn. 4; Lwowski/Tetzlaff a.a.O., § 166 Rn. 47). Macht der Insolvenzverwalter von seiner Verwertungsbefugnis Gebrauch, muss auch der hiernach absonderungsberechtigte Sicherungszessionar das Ergebnis gegen sich gelten lassen. Dabei umfasst die Verwertung, die der Insolvenzverwalter freihändig vollziehen kann, sowohl die Einziehung der Forderung an sich, aber auch deren Veräußerung oder Abtretung gegen ein beliebiges Entgelt (Wegener a.a.O., § 166 Rn. 10ff.; Landfermann a.a.O., § 166 Rn. 26; Lwowski/Tetzlaff a.a.O., § 166 Rn. 47). Somit ist die gesamte Forderung von der Verwertungsbefugnis des Insolvenzverwalters auch dann erfasst, wenn er vom Drittschuldner geltend gemachte Gegenansprüche anerkennt um so einen beachtlichen Teil der Forderung zeitnahe zur Masse zu ziehen. Es obliegt dabei dem Insolvenzverwalter, die eingewandten Ansprüche des Drittschuldners zu prüfen und die Forderung bei entsprechender Erfolgsaussicht ggf. auch gegen diesen gerichtlich durchzusetzen (Lwowski/Tetzlaff a.a.O., § 166 Rn. 48).
Folgerichtig korrespondiert mit der Verwertungsbefugnis des Insolvenzverwalters aus § 166 Abs. 2 InsO dessen persönliche Haftung (Hess a.a.O., § 166 Rn. 14). Er haftet gem. § 60 InsO gegenüber Ab- und Aussonderungsberechtigten, wenn er deren Rechte vereitelt (BGH, Urt. v. 09.03.2006, IX ZR 55/04, ZIP 2006, 859 = ZinsO 2006, 429). Auf die Haftung des Insolvenzverwalters muss sich die Beklagte wegen der schuldbefreienden Wirkung der Leistung der Klägerin verweisen lassen, wenn sie der Ansicht ist, der Insolvenzverwalter habe Ersatzleistungen für Übermaßnutzungen und Vertragsstrafenansprüche zu Unrecht anerkannt.
4.
Aus den gleichen Erwägungen scheiden Schadensersatzansprüche wegen Verletzung der Verpflichtungen der Klägerin aus der Treuhandabrede aus. Soweit diese kraft Gesetzeslage zur Leistung an den Nachlassinsolvenzverwalter wegen der Ausübung seines Verwertungsrechtes verpflichtet war, scheidet eine anspruchsbegründende Pflichtverletzung der Klägerin bereits aus.
5.
Die Beklagte kann sich auch nicht auf einen unbedingten Zahlungsanspruch aus der Treuhandabrede unabhängig von der Inanspruchnahme der Klägerin durch einen Dritten berufen. Eine Vereinbarung, dass die Klägerin sich aus der Treuhandabrede unabhängig von einer Inanspruchnahme durch einen Dritten zur Leistung an die Beklagte verpflichten wollte, vermag der Senat nicht zu erkennen. Schon dem Wortlaut des Schreibens vom 20.01.1998 kann ein solches unabhängiges Haftungsbegehren nicht entnommen werden. Erst Recht liegt in der Annahme der Zahlung durch die Klägerin keine Willenserklärung dergestalt, dass sie eine soweit reichende Haftung hat übernehmen wollen. Der Senat sieht keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin im Falle der berechtigten Inanspruchnahme durch einen Dritten den rückzugewährenden Kaufpreis zweimal habe zahlen wollen. Das widerspricht jeglicher Lebenserfahrung und lässt sich mit den Grundsätzen einer interessengerechten Auslegung nicht in Einklang bringen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
IV.
Da die Frage der Abdingbarkeit des § 166 Abs. 2 InsO bislang nicht höchstrichterlich geklärt ist, lässt der Senat die Revision zu.
Ende der Entscheidung
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